Drehen des Pressenrahmens in der Startgrube, um den Vortriebsstrang heraus und die Kabelschutzrohre einzuziehen.

Grabenlose Erdverlegung von Rohrsystemen

Köster GmbH setzt innovatives "E-Power Pipe®" ein

22. November 2018

Themen: Energieinfrastruktur

Die Köster GmbH hat das von der Herrenknecht AG entwickelte Bohrverfahren "E-Power Pipe®“ in der Praxis eingesetzt. Die Spezialisten des Köster-Kompetenz-Centers Rohrleitungsbau erprobten das grabenlose Verlegeverfahren gemeinsam mit dem Entwickler und einem Übertragungsnetzbetreiber zur Installation von Kabelschutzrohren für eine 220-kV-Höchstspannungsleitung.
 

Die Strahlpumpe in der Vortriebsmaschine fördert das Bohrgut durch den Vortriebsstrang zurück zur Startgrube und von dort in die Separationsanlage.

Baustellenabläufe simultan gestaltet

Beim "E-Power-Pipe®“-Verfahren werden die benötigten Bohrlöcher mithilfe einer Vortriebsmaschine erstellt und nach dem Durchstich mit einem eingezogenen Rohrstrang versehen. Das Verfahren wurde im Frühjahr 2017 erstmals durch die Firma Herrenknecht AG in einem Pilotprojekt in Borken in Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Im Bereich der grabenlosen Verlegung gab es bisher keine Technologie, welche die oberflächennahe Verlegung von einzelnen Erdkabeln unter Berücksichtigung aller Kriterien hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Bauzeit erfüllt. Um diese Herausforderungen zu meistern, hat Herrenknecht das grabenlose E-Power Pipe-Verfahren auf Basis der bewährten Microtunnelling-Technologie entwickelt.

Mithilfe dieser Technik wurden im Praxiseinsatz insgesamt sechs Kabelschutzrohre auf einer Länge von 270 bzw. 260 m in einer Nenntiefe von circa zwei Metern und einem Achsabstand von 1,20 m parallel verlegt. Früh zeigten sich die Vorteile eines zeitlich simultanen Ablaufs der verschiedenen Baustellenprozesse. Während die Start- und Zielgruben ausgehoben wurden, konnte oberirdisch die komplette Baustelleneinrichtung mit den erforderlichen Materialien errichtet werden. Hierzu gehörte vor allem die Separationsanlage inklusive Energieversorgung. Sie trennt das während des Vortriebs abgetragene Bodenmaterial mithilfe von Sieben und Hydrozyklonen und scheidet es aus. Feste Bestandteile werden abtransportiert, die flüssigen der Vortriebsmaschine wieder als Bohrspüllösung zugeführt. Die Suspension sorgt für einen guten Materialaustrag und eine Stützung der Ortsbrust während des Vortriebs.

Der Betrieb im Mehrschichtsystem verhindert, dass die Bohranlage zum Stehen kommt und beim Wiederanfahren erhöhte Kräfte wirken. "Hier ist 'Gefahr in Verzug‘“, warnt Thomas Warnke, Bereichsleiter des Kompetenz-Centers Rohrleitungsbau der Köster GmbH. "Wir haben die Anlage nach Möglichkeit 24 Stunden durchgehend betrieben. Das war zwar eine logistische Herausforderung. Gerade dadurch konnten wir aber die hohe Verlegeleistung der E-Power-Pipe®-Technik voll nutzen“, so sein Fazit. Kam es während der Wintermonate dennoch zu einem längeren Stillstand, wurde der Förderkreislauf komplett entleert, um Frostschäden zu vermeiden. Der dadurch entstehende Zeitverlust sollte in den Planungen berücksichtigt werden.

Vortriebmaschine mit angeschraubten Vortriebsrohren mit einer Länge von je neun Metern.

Herausforderungen beim Vortrieb

Das gilt auch für die exakte Ausführung der Startgrube. Allen voran das Umsetzen des Pressenrahmens, der den Vortriebsrohrstrang in Richtung Zielschacht horizontal in den Untergrund drückt, wird durch eine ebene, wasserdichte Betonsohle beschleunigt.

Auch sorgte Köster mit einer teilweise geböschten Ausführung für eine geringere Tiefe der gespundeten Startgrube. Diese Optimierung führte zu einem besseren Zugang, größerer Arbeitssicherheit und Einsparungen bei der Errichtung der Spundwandgrube.

In der Startgrube wird der Rohrstrang während des Vortriebs immer wieder verlängert. Überwacht wird der unterirdische Fortschritt von zwei Vermessern, einem Maschinenfahrer und der Steuersoftware. "Die Beschaffenheit des zu durchbohrenden Untergrundes beeinflusst die Verlegeleistung erheblich“, so der verantwortliche Projektleiter der Köster GmbH. Im Praxiseinsatz beschädigten Findlinge mit Durchmessern bis 600 mm, die zunächst nicht erkundet werden konnten, den Bohrkopf. "Die Vortriebstechnik kann in die Startgrube zurückgezogen und repariert werden. Unvorhergesehene Hindernisse wie Findlinge können aufgrund der geringen Tiefenlage gegebenenfalls von der Oberfläche aus beseitigt werden“, so Dr. Marc Peters, Leitung Geschäftsfeld Energie bei der Herrenknecht AG.

Vorstrecken der Kabelschutzrohrstränge als Vorbereitung zum Einzug beim Rückzug der Vortriebsrohre.

Die Technik und ihre Einsatzgebiete

Eingesetzt wurde auf der Baustelle die von der Herrenknecht AG entwickelte AVNS 350XB mit einem Bohrdurchmesser von 505 mm. Die AVNS-Technik ermöglicht lange Haltungen bei kleinerem Durchmesser. Im Wesentlichen sind drei Komponenten der Vortriebsmaschine von Grund auf neu entwickelt worden. Die Integration der Strahlpumpe stellt die wichtigste Neuerung dar. Sie fördert 1000 l/min bei vergleichsweise wenig Platzverbrauch. Durch die Integration des Hydraulikaggregats in die Vortriebsmaschine entfallen das Koppeln von Hydraulikleitungen sowie die einhergehenden Leistungsverluste auf langen Strecken – ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Die dritte Neuentwicklung ist das Vermessungssystem, das kontinuierlich die Position, die Richtung und die Neigung der Vortriebsmaschine bestimmt. Es orientiert sich an einem auf der Oberfläche erzeugten Magnetfeld und ist dadurch auch für sehr lange Haltungen geeignet.

Die Kombination von Leistungsversorgung und Fördertechnik erweitert den Einsatzbereich im Pipelinebau sowie im Rohrvortrieb. "Durch den Einsatz der Jetpump-Fördertechnik für das Abraummaterial können im kleinen Durchmesserbereich bis zu zehnfach längere Vortriebslängen als bisher und mit einer höheren Geschwindigkeit von bis zu 10 m in der Stunde realisiert werden“, so Dr. Peters.

Speziell der Rohrwechsel spielt bei der Verlegeleistung eine entscheidende Rolle. Je schneller ein Rohrwechsel im Schacht durchgeführt werden kann, desto zügiger kann eine Bohrung abgeschlossen werden. Auf Basis dieser Überlegungen wurde eine neue Generation von Vortriebsrohren auf der Baustelle getestet, die durch eine innovative Verbindungstechnik den Koppelvorgang deutlich beschleunigt. Die Vortriebsrohre werden dabei nicht mehr mit 12 einzelnen Gewindebolzen verschraubt, sondern über eine Steckmuffe mit einer Art Nut-Feder-Verbindung miteinander verbunden. Im Rahmen des Testdurchlaufs wurden während der Baumaßnahme vier Vortriebsrohre mit der neuen Verbindungstechnik in den Vortriebsrohrstrang eingebaut. Die reinen Koppelzeiten konnten hier um ca. 30 Prozent gegenüber der Schraubverbindung reduziert werden.

Köster und Herrenknecht halten den Einsatz des "E-Power Pipe®“-Verfahrens auch abseits des Höchstspannungs-Netzausbaus für realistisch. Die Technik eignet sich grundsätzlich auch für die grabenlose Verlegung im Bereich der Wasser- und Gasversorgung oder von Chemikalien. Lediglich das einzuziehende Schutzrohr muss dem Medium entsprechen.


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