Die Ziele des Projekts lassen sich in drei wesentlichen Punkten zusammenfassen, wie Köster-Projektleiter Ivan Grgic (M. Sc.) erklärt: „Es geht um eine ressourcenschonende Bauweise, um den klimaneutralen Betrieb und um eine zeitgemäße Ästhetik des Gebäudes.“ Alle diese Punkte vereint das neue Bürogebäude des Hitachi Columbus Campus (HCC), das derzeit in Mannheim errichtet wird. Wo früher die US-Armee stationiert war, entwickelt Mannheim das Franklin-Quartier, zu dem auch die Gewerbeflächen im Columbus-Areal gehören. Mit seiner nachhaltigen Ausrichtung erfüllt das HCC die Ziele des „Local Green Deal“, mit dem Mannheim eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung zur Klimaneutralität einnehmen möchte. Ein wesentlicher Aspekt der städtischen Agenda ist das „klimaneutrale Bauen und Wohnen“. So verwundert es nicht, dass die Stadt großes Interesse an einer zügigen Umsetzung des Projekts hat: „Die Kommunikation zwischen dem Bauherrn und der Stadt ist außergewöhnlich gut. Offene Fragen werden schnell beantwortet und Herausforderungen konstruktiv angegangen“, so die Erfahrungen von Ivan Grgic in den vergangenen Monaten. Christian Specht (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, unterstrich anlässlich des offiziellen Spatenstichs die Bedeutung des Hitachi Columbus Campus für die Stadtentwicklung:
„Mit diesem Neubau ist es gelungen, betriebliche und städtebauliche Zielsetzungen mit einem herausragenden Maß an Nachhaltigkeit voranzubringen. Und damit soll dieses Projekt auch zu einem Vorzeigeprojekt im Rahmen des Local Green Deal Mannheim werden, mit dem wir als Stadt gemeinsam mit Wirtschaft und Gesellschaft eine Vorreiterrolle auf dem Weg zur Klimaneutralität anstreben.“
Die Ästhetik des Gebäudes ist eine wichtige Komponente. Die markante Holzfassade mit den umlaufenden Krempen setzt einen deutlichen Akzent im neuen Columbus-Areal. Bildquelle: AllesWirdGut Architektur
Hitachi Energy Deutschland wird als Mieter das Gebäude, das insgesamt 14.840 m² Bruttogrundfläche bietet, mindestens für die nächsten 15 Jahre als Unternehmenszentrale nutzen. 750 Mitarbeitende werden hier nach Fertigstellung im Sommer 2025 einziehen. Der Neubau bietet zudem Platz für weitere Fachkräfte des expandierenden Unternehmens, das wesentlich an der Umsetzung der Energiewende beteiligt ist und sich selbst zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 in allen Gebäuden weltweit CO2-neutral zu werden.
„Wir haben dieses Ziel ernst genommen und versuchen nun den Standard des Bauens unter CO2-Positivität auf die Ebene zu bringen, die das Bauen eigentlich ermöglicht, nämlich selber über lange Fristen zum Kraftwerk der Nation zu werden.“
Der Projektentwickler 3iPro plante das HCC in enger Absprache mit Hitachi. Dabei wurde nicht nur der Bau, sondern vor allem der Betrieb des Gebäudes über seine gesamte „Lebensdauer“ betrachtet. Neben AWG-Architekten und weiteren Fachplanern war auch das Köster-Team frühzeitig in das Projekt eingebunden, sodass eine hohe Qualität der baulichen Umsetzung der Konzepte sichergestellt ist.
Das gesamte Gebäude wird in Vollholz-Bauweise umgesetzt. Nur das Untergeschoss und die beiden Kerne mit den Treppenhäusern bzw. Aufzugsschächten werden in Stahlbeton ausgeführt. Bildquelle: Köster GmbH
Die Ausführung des Gebäudes in Vollholz-Bauweise spielt eine besondere Rolle für seine CO2-Bilanz. Nur das Untergeschoss und die beiden Kerne mit den Treppenhäusern bzw. Aufzugsschächten werden in Stahlbeton ausgeführt. Die übrigen Stockwerke vom Erdgeschoss bis zum 4. Obergeschoss, das als Staffelgeschoss mit Dachterrasse angelegt ist, werden – ebenso wie die Fassade – aus Holz errichtet.
In Deutschland gibt es derzeit nur wenige Bürogebäude dieser Größenordnung in reiner Holz-Bauweise, eher üblich sind hier Holzhybrid-Bauweisen mit Deckenkonstruktionen aus Holz und Aufbeton. Dementsprechend groß sind die Herausforderungen bei der baulichen Umsetzung des innovativen Gebäudes. Immer wieder wurden vom Generalunternehmen passende Lösungen gesucht und gefunden:
„Wir haben hier eine sehr intensive Optimierungsphase von mehr als einem Jahr durchlaufen. Für uns war dieses Projekt auch Neuland und hatte viele spezielle Anforderungen. Am Ende ist es uns gelungen eine Lösung zu finden, die für alle gepasst hat.“
Wie das Köster-Team dabei vorgegangen ist, erläutert Projektleiter Ivan Grgic an einem Beispiel: „Wir haben eine innovative Lösung für den Aufbau der Geschossdecken entwickelt, der den Brand- und Schallschutz in der Holzkonstruktion gewährleistet und außerdem komplett rückbaubar ist.“ Die Rückbaubarkeit des Gebäudes und damit die Recyclingfähigkeit der verbauten Materialien ist ein wesentlicher Aspekt bei der Betrachtung und Zertifizierung eines Gebäudes bezüglich seiner Nachhaltigkeit durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Gemeinsam mit einem Nachunternehmer und einem spezialisierten Berater entwickelte das Köster-Team den ungewöhnlichen Deckenaufbau. Dabei werden Gehwegplatten, die auf einem 1 cm dicken Sandbett verlegt werden, integriert. Gemeinsam mit weiteren Schichten aus Gipskarton und rauchdichter Folie bilden sie eine Decke, die eine strenge Brandschutzprüfung bestanden hat, den Schall gut dämmt und zudem komplett rückbaubar ist.
Das von der Presse als „grünstes Bürogebäude der Stadt“ bezeichnete HCC besticht auch durch den ressourcenschonenden, nachhaltigen Gebäudebetrieb. Dafür sorgen unter anderem die Photovoltaikmodule, die nicht nur auf der Pergola der Dachterrasse montiert werden, sondern auch auf umlaufenden Krempen in die Fassade integriert sind. So liefert jedes Geschoss saubere Energie, die mit einem Rekordwert von 96 Prozent vom Gebäude selber lokal verbraucht wird. Ein System, das Heiz-Kühlsegel im Gebäude mit einer Freikühlanlage im Sommer und einer Wärmepumpe im Winter koppelt, temperiert die Innenräume. Die Geothermie-Anlage nutzt Grundwasser, das vom Nachbargelände zugeführt wird, als Energiequelle. Auch bei der Lüftung achten die Planer auf Effizienz: Die Außenluft wird über Kanäle im Untergeschoss geleitet und so im Sommer vorgekühlt und im Winter vorgewärmt. Für ein gutes Mikroklima sorgen die sogenannte „Grüne Lunge“ – der dicht begrünte Innenhof des HCC mit– sowie der begrünte Dachgarten mit seiner schattenspendenden Pergola und die Außenanlagen. Für die Bewässerung wird Regenwasser genutzt, das nach dem „Schwammstadt-Prinzip“* auf dem Gelände gespeichert wird.
Das Gesamt-Konzept des Gebäudes geht auf: Die hohe Energieeffizienz sorgt dafür, dass die daraus resultierende CO2-Gutschrift über 28 Jahre - also innerhalb des sogenannten ersten Nutzungszyklus - den CO2-Fußabdruck aus Grauenergie und Technik kompensieren wird. Eine DGNB-Vorzertifizierung Platin des Gebäudes liegt bereits vor: „Wir streben nun zusätzlich eine CO2-positive Zertifizierung im laufenden Betrieb an“, erklärt Martin Wilhelm, Geschäftsführender Gesellschafter der 3iPro GmbH. Das Gebäude erreicht zudem den Standard "QNG premium" der KfW.
Das „grünstes Bürogebäude der Stadt“ ist durch den ressourcenschonenden, nachhaltigen Gebäudebetrieb geprägt. Dafür sorgen unter anderem die Photovoltaikmodule, die nicht nur auf der Pergola der Dachterrasse montiert werden, sondern auch auf umlaufenden Krempen in die Fassade integriert sind. Bildquelle: AllesWirdGut Architektur
Bei allen technischen Aspekten haben die Planer des HCC auch die Ästhetik des Gebäudes immer im Blick behalten. Die markante Holzfassade mit den umlaufenden Krempen setzt einen deutlichen Akzent im neuen Columbus-Areal. Das Projekt liegt direkt an einer Einfallstraße in die Stadt und prägt so eines der vier „Portale Mannheims“ mit seiner zeitgemäßen und zugleich nachhaltigen Anmutung.
Im Inneren des HCC ist die mit Holz verkleidete Freitreppe im Foyer ein gestalterisches High-Light. Das Naturmaterial und die großen Fenster mit Blick auf den begrünten Innenhof oder das begrünte Außengelände verbreiten im ganzen Gebäude eine angenehme Atmosphäre, die die Mitarbeitenden von Hitachi Energy Germany in Zukunft sicher zu schätzen wissen.
* Konzept der Stadtplanung, durch das möglichst viel Regen- und Oberflächenwasser gespeichert werden soll. Dient der Vermeidung von Überflutungen bei Starkregen und der Verbesserung des Stadtklimas.
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